Hohepriesterinnen, Pharaoninnen und Schlachtenlenkerinnen – Starke Frauen in Altertum und Antike

Statue von Hatschepsut im Tal der Könige
Statue der Pharaonin Hatschepsut im Tal der Könige © istock/mareandmare
In einer von Männern beherrschten Welt waren es auch in ferner Vergangenheit eigentlich ausnahmslos Männer, die Geschichten über Männer schrieben. Frauen hingegen wurden nicht selten in einem schlechten Licht dargestellt. Doch die Geschichte ist voll von mächtigen und einflussreichen Frauen.

Auch in den ersten Zivilisationen in Mesopotamien, im Ägypten der Pharaonen und in der Antike schafften es Frauen in die höchsten Positionen und drückten der Zeit ihren ganz besonderen Stempel auf. Viele dieser historisch verbürgten Gestalten regierten in ihrem eigenen Namen oder beeinflussten die Gesellschaft als königliche Gemahlinnen. Im letzten Magazinbeitrag haben wir Euch bereits Kleopatra näher vorgestellt, doch es gab noch andere große weibliche Persönlichkeiten in Altertum und Antike. Wir von CARLMARIE stellen hier die interessantesten unter ihnen vor:

En-ḫedu-ana (2285 – 2250 v. Chr.)

Die mesopotamischen Siedlungen Ur und Uruk gelten heute als die ältesten Städte der menschlichen Zivilisation. Und selbst hier, im Reich der Sumerer, schaffte es die zur Hohepriesterin gemachte Prinzessin En-ḫedu-ana ungewöhnlichen Einfluss auf die Entwicklung ihrer Zivilisation zu nehmen. Mit Hymen und Gedichten manifestierte sie ihre Stellung als literarische und religiöse Persönlichkeit und wurde so zur ersten uns namentlich bekannten Schriftstellerin. Da ihre Werke auf die Vereinigung verschiedener sumerischer Stadtstaaten ausgerichtet waren, ist sie sogar als politische Gestalt wahrzunehmen. Historikern zufolge war En-ḫedu-ana eine nicht nur sehr respektierte, sondern auch überaus öffentliche Person und hatte damit unvergleichlichen Handlungsspielraum, um über religiöse Rituale auch die Politik in Ur zu beeinflussen.

Hatschepsut (Pharaonin von 1479 bis 1458 v.Chr.)

Hatschepsut gilt als die am längsten regierende Pharaonin und eine der erfolgreichsten Herrscherinnen des alten Ägypten. Ihr Vater Pharao Thutmosis I. hatte Ägypten von der langen Fremdherrschaft der Hyksos befreit und das sogenannte Neue Reich gegründet. Nach dem Tod ihres Bruders und Mannes (eine Konstruktion, die bis zu Kleopatra gängige Praxis war) Thutmosis II. übernahm Hatschepsut zunächst die Regentschaft für ihren Stiefsohn Thutmosis III., ließ sich aber – für diese Zeit einmalig – wenig später selber zum ersten weiblichen Pharao ausrufen. In den folgenden 20 Jahren sicherte sie den Herrschaftsbereich der Pharaonen ab, schuf neue Handelsrouten und sorgte für eine außergewöhnlich lange Phase des Friedens. Historiker sind sich heute einig, dass Hatschepsuts Regentschaft die Grundlage für die Jahrhunderte andauernde Weltmachtstellung Ägyptens legte. In Deir el-Bahari, gegenüber der Stadt Luxor, können Touristen den von ihr errichteten Totentempel bestaunen, der durch eine ungewöhnlich moderne Bauweise auffällt und bis heute zu einer der größten Touristenattraktionen zählt. Lange war kaum etwas über die große Pharaonin bekannt, da ihre Nachfolger schon wenige Jahre nach ihrem Tod alle Erinnerungen an Hatschepsut auszulöschen begannen. Ihr Name ist weder Bestandteil der Ahnenlisten noch existiert ein offizielles Grab.

Nofretete (14. Jahrhundert v. Chr.)

 

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Unter Pharao Echnaton vollzieht sich in Ägypten eine Art Kulturrevolution. Es kommt zum Bruch mit der Amun-Religion, die Hinwendung zum Aton-Kult und zum Umzug in eine neue Regierungsstadt namens Achet-Aton. Die treibende Figur dieser Kulturrevolution von oben war allerdings nicht der Pharao selbst, sondern seine attraktive Gemahlin Nofretete, ohne die – so sind sich Historiker einig – die Geschichte Ägyptens wohl anders verlaufen wäre. Neben ihrer Bedeutung als Politikern ist Nofretete allerdings vor allem wegen ihrer ausnehmenden Schönheit bekannt. Ihre berühmte Büste steht in Berlin und gilt bis heute als Sinnbild weiblicher Schönheit. Nofretete schenkte Echnaton sechs Kinder, unter anderem eines, dass sich später Tutanchamun nannte. Sein später entdecktes Grab gilt als kostbarster Fund der archäologischen Ausgrabungen in Ägypten.

Semiramis oder Sammuramat (regierte 811 – 818 v.Chr.)

Semiramis ist eine legendäre Kriegerkönigin aus dem vorantiken Assyrien, welcher nicht nur der Bau eines neuen Babylon, sondern auch die Eroberung zahlreicher Nachbarstaaten zugeschrieben wird. Über ihr Leben gibt es nur wenige historisch gesicherte Fakten. Allerdings wurde sie sowohl von griechischen als auch römischen Dichtern mit zahlreichen Legenden bedacht. Dass sie überhaupt gelebt und geherrscht hat, beweisen zahlreiche Inschriften in Assyrien und Mesopotamien. Semiramis erster Ehemann soll der Gouverneur von Ninive, Menones, gewesen sein. König Ninus von Babylon war so fasziniert von Semiramis` Schönheit, dass er sie heiratete, nachdem ihr Mann Selbstmord begangen hatte. Die Legende besagt, dass die selbstbewusste Herrschergattin ihren Mann davon überzeugte, sie zur „Regentin für einen Tag“ zu machen. Er tat es, sie ließ ihn an diesem Tag hinrichten und bestieg selber den Thron, den sie für einige Jahre nicht mehr verlassen sollte. Semiramis soll in den Folgejahren eine lange Reihe von One-Night-Stands mit gutaussehenden Soldaten gehabt haben. Damit ihre Macht nicht von einem dieser Männer bedroht würde, ließ sie jeden Liebhaber nach einer Nacht töten.
Berühmt geworden ist Semiramis allerdings wegen etwas anderem: den nach ihr benannten „Hängenden Gärten“, die zu den sieben Weltwundern der Antike gerechnet werden.

 

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Die Legende der Kriegerkönigin erregte im Laufe der Jahrhunderte nicht nur die Aufmerksamkeit der griechischen Historiker, sondern auch die von Romanautoren und Geschichtenerzählern. Rossinis Oper „Semiramide“ behandelt ihr Leben ebenso wie Dantes „Göttliche Komödie“. Darin heißt es: „Sie ist Semiramis, von der wir lesen, dass sie Ninus nachfolgte und seine Ehefrau war; / Sie besaß das Land, das jetzt der Sultan regiert.“

Tomyris (ca 530 v. Chr.)

Eine der legendärsten Frauengestalten der Antike war mit Sicherheit Tomyris, Königin des asiatischen Nomadenstamms der Massageten, die ähnlich wie die Skythen, den Raum östlich des Aral Sees auf dem Gebiet des heutigen Usbekistan beherrschten. Die Massageten sollen eine Gesellschaft von amazonischen Kriegerinnen gewesen sein und Tomyris ihre respektierte Regentin. Kyros, Herrscher über die damalige Weltmacht Persien, wollte sich auch Tomyris` Königreich einverleiben und bot ihr die Ehe an. Die Amazone lehnte ab und riskierte die kriegerische Auseinandersetzung mit dem übermächtigen Gegner. Gegen alle Wahrscheinlichkeiten besiegte sie die Perser und soll Kyros persönlich hingerichtet haben. Der Legende nach fielen in der Schlacht über 200.000 Perser. Tomyris soll den Kopf ihres Gegners in einen Schlauch gefüllt mit Blut gesteckt haben, damit er nun genug davon bekäme, wonach ihm vor allem so gedürstet habe. Danach soll sie den abgeschlagenen Schädel selbst als Trinkgefäß benutzt haben. Die Geschichte von Tomyris und Kyros war im Altertum eine ziemlich bekannte Legende und wurde auch in Werken des Mittelalters über tapfere Frauen immer wieder aufgegriffen.

Artemisia von Halikarnassos (ca. 505-451 v.Chr.)

Bekannt geworden ist diese wagemutige Heerführerin vor allem durch die Rolle der englischen Schauspielerin Eva Green im Film „300: Rise of an Empire“, der Fortsetzung der erfolgreichen Comicverfilmung „300“. Allerdings dürfte diese Interpretation als männermordende und zynische Schlampe kaum den historischen Tatsachen entsprechen. Fakt ist: Stellvertretend für ihren Sohn Pisendelis regierte sie in Halikarnassos, unterstand damit als Griechin der Oberherrschaft der Perser unter Xerxes I. und beteiligte sich offenbar ohne äußeren Zwang am Feldzug gegen ihre Landsleute in der berühmten Seeschlacht bei Salamis. Dort war sie die einzige Kommandeurin, befehligte zwar nur fünf Schiffe, deren Einsatz Landsmann und Historiker Herodot allerdings zu wahren Lobeshymnen inspirierte. Der Vater der Geschichtsschreibung lobte Artemisia als „heldenmütige Frau, die ich im höchsten Grade bewundere … Sie war es auch, die unter allen, welche den Zug mitmachten, dem Großkönig den besten Rat gab.“ Nämlich lieber die Küste als die Seeflotte der Griechen anzugreifen. Doch Xerxes hörte nicht auf sie, verlor die Schlacht bei Salamis und gab nach dem dritten Persischen Krieg sein Ziel auf, Griechenland zu erobern. Der griechische Dramatiker Aristophanes verewigte Artemisia von Halikarnassos in seinen Werken „Lysistrata“ und „Thesmophoriazusae“ als Symbol für eine starke und intelligente Kriegerin und setzte sie mit den Amazonen gleich. Als besonders geeignetes Beispiel für erfindungsreiche Rücksichtslosigkeit nahm der Mazedonier Polyainos im 2. Jahrhundert Artemisias Manöver vor Salamis in sein militärisches Handbuch auf.

Boudicca von Britannien (ca. 60 nach Chr.)

 

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Boudicca (auch Boadicea und Boudica geschrieben) war zunächst die Frau des keltischen Königs Prasutagus im Osten der noch jungen römischen Provinz Britannien. Zunächst wurde Prasutagus erlaubt, weiter zu regieren. Als allerdings nach seinem Tod Boudicca den Thron bestieg, forderten die römischen Machthaber ihre Unterwerfung. Den aggressiv expandierenden Herrschern war eine Stammesführerin ein Dorn im Auge und so ließen sie Boudicca nicht nur nackt in aller Öffentlichkeit auspeitschen, sondern auch vergewaltigten, um die Demütigung perfekt zu machen. In einem mutigen Akt der Vergeltung führte Boudicca um 60 n. Chr. etwa 60.000 Aufständische gegen die Invasoren und zerstörte nacheinander die römischen Siedlungen Camulodunum (Colchester), Verulamium (St. Albans) und Londinium (London). Der Erfolg Boudiccas hielt allerdings nicht lange an. Zu unterlegen war die keltische Militärtechnik. Der römische Statthalter in Britannien, Gaius Suetonius Paullinus (oder Paulinus), besiegte Boudiccas Truppen letztlich. Gemäß der Beschreibungen des römischen Geschichtsschreibers Tacitus soll sich die legendäre Keltin danach vergiftet haben. Die historisch belegte Gestalt der Boudicca wurde ab der Renaissance vor allem von der englischen Literatur immer wieder aufgegriffen und ist bis heute Bestandteil der Popkultur Großbritanniens. Sängerin Enya hat ihr ebenso ein Lied („Boadicea“) gewidmet wie die Libertines („The Good Old Days“).

Zenobia von Palmyra (regierte von 267 bis 272)

Zenobia von Palmyra gilt den Arabern bis heute als Symbol gegen den Imperialismus des Westens und als Idealgestalt der unabhängigen und starken Frau eines modernen Syrien. Den Aufstieg zur ersten Heroine in der Geschichte Arabiens erlebte Az-Zabba – wie sie später auch genannt wurde – im 19. Jahrhundert, als junge und säkularisierte Libanesen und Syrer nach einer Identifikationsfigur für ihren Unabhängigkeitskampf suchten. Iulia Aurelia Zenobia von Palmyra oder aramäisch Bat-Zabbaiim war im 3. Jahrhundert nach Christus Königin von Palmyra, einer Oasenstadt auf halbem Weg zwischen Mittelmeer und Zweistromland, die behauptete, direkt von Kleopatra sowie Dido von Karthago abzustammen. Unter ihrer Herrschaft gelangen ihr, innenpolitische Krisen in Rom ausnutzend, einige bedeutende Eroberungen, so zum Beispiel Ägypten im Süden, Kappadokien im Norden und Kilikien im östlichen Kleinasien. Als im Jahr 270 allerdings Aurelian auf den römischen Kaiserthron gelangte, sollte der Expansion Zenobias Einhalt geboten werden. Statt gegen das rebellierende Gallien vorzugehen, entschied sich Aurelian – wohl, weil er die syrische Regentin für gefährlicher einschätzte – seine Truppen nach Süden zu verlagern. Zenobia wurde in Schlachten bei Antiochia und Palmyra nach langem Widerstand letztlich geschlagen, von Aurelius danach aber mit einigem Respekt behandelt, auch wenn der Römer grämlich darüber gewesen sein soll, „nur“ eine Frau besiegt zu haben. Zwar führte er sie mit Juwelen und goldenen Ketten behangen dem römischen Volk in einem Triumphzug vor, gestattete ihr aber auf einem Anwesen unweit der Villa des früheren Kaisers Hadrian bei Tivoli ungefährdet alt zu werden. Zenobia galt schon zu Lebzeiten als außergewöhnlich gebildet und soll neben ihrer Muttersprache Palmyrenisch auch Griechisch, Ägyptisch und Latein beherrscht haben. An ihrem Hof waren nicht nur Philosoph Longinos sondern auch zahlreiche später bekannte Geschichtsschreiber tätig.